– Hausbesichtigungen

In Lacanau-Océan hatten wir ein kleines Appartment gemietet, von dort aus starteten wir unsere Hausbesichtigungs-Touren.

Mit dem Makler, über den der Kontakt wegen des ersten, mittlerweile verkauften Hauses gelaufen war, wollte ich eher nichts mehr zu tun haben. Wir beschränkten uns also zunächst auf zwei andere Immobilienmakler. Einen davon suchten wir gleich am ersten Montag unseres Urlaubs in seinem Büro in Lesparre auf. Wir zeigten ihm die Ausdrucke der Häuser, die uns interessierten – das, das mich am meisten interessiert hätte, war natürlich schon weg. Was meiner Laune nicht gerade Auftrieb verschaffte. Er ließ uns Aktenordner mit Angeboten durchblättern, und wir vereinbarten schließlich einen Termin für Mittwoch, um uns drei der Häuser anzuschauen.

Am Dienstag waren wir vormittags bei einer Maklerin in Saint Laurent – der Maklerin, die mir auch auf eine Email geantwortet hatte. Allerdings nur auf die erste. Sie hatte mir damals geschrieben, dass eines der Häuser, das uns interessiert hätte, so gut wie verkauft war, aber nun stellte sich heraus, dass der Kauf rückgängig gemacht worden war, und wir vereinbarten einen Termin zur Besichtigung dieses und eines anderen Hauses am gleichen Nachmittag. Für ein weiteres wollte sie noch einen Termin abklären.

Haus 1Dienstag nachmittag waren wir mit einer Dame verabredet, die ihr Haus privat verkaufen wollte. Wir hatten es über die Kleinanzeigenseite leboncoin.fr gefunden. Es war ein recht nettes Haus mit ganz vielen Bäumen auf dem Grundstück, darunter verschiedene Feigenbäume, an einer Hauswand wuchsen sogar Kiwis, aber leider war das Haus nicht für unsere Pläne geeignet, da es nicht genug Platz bot, der sich zu Ferienwohnungen hätte ausbauen lassen.

Haus in CissacAnschließend trafen uns dann mit der Maklerin am Nachmittag vor der Pharmacie in Cissac-Médoc und fuhren gemeinsam zum Haus. Ein sehr schön gelegenes Haus, an einer kleinen Straße, auf der kaum Verkehr ist, recht alt, von achtzehnhundertnochwas, mit knapp 4.000 qm Grundstück. Innen drin wäre es im Prinzip bewohnbar, wenn man z.B. schwarze Fliesen im Bad und hellblaue in der Küche mag. Also zwar renovierungsbedürftig, aber recht gut erhalten. Nachdem wir es von innen gesehen hatten und dann draußen vor der Tür standen, nichts hörten außer dem Rauschen der Bäume und dem Gezwitschere der Schwalben, nichts sahen außer der riesigen Wiese mit den anschließenden Weinfeldern, war uns beiden ohne viele Worte klar, dass es wohl kaum etwas schöneres geben könnte. Und das Herzklopfen ging los.

Anschließend fuhren wir mit der Maklerin noch zu einem anderen Haus, das sie uns vorgeschlagen hatte. Es war zwar recht hübsch und auch wunderbar renoviert und hatte keinerlei Nachbarn und lag inmitten von Weinfeldern. Aber es lag auch genau an einer Kreuzung zweier Hauptverkehrsstraßen, und wenn man aus der Haustür trat, war noch nicht einmal ein Bürgersteig da, sondern man stand direkt auf der Straße und musste aufpassen, dass einem kein Auto über die Füße fuhr. Außerdem war null Grundstück dabei. Also nichts für uns.

Am nächsten Tag, Mittwoch, fuhren wir mit dem ersten Makler in seinem Citroën durch die Gegend, um die drei ausgesuchten Häuser anzuschauen. (Der Makler war übrigens ein sehr eleganter Mann mit spitzen Schuhen, randloser Brille und Goldarmband. Er kam ursprünglich aus Paris, und aus seinen Bemerkungen war zu hören, dass er von dem Rest Frankreichs nicht halb so viel hielt wie von seiner Hauptstadt. Es ging z.B. um irgendwelche französischen Begriffe, und er sagte «Die Leute hier sagen dazu soundso, aber wir Franzosen sagen blabla.»)

Zu klein und dusterDas erste Haus gehörte einem älteren Ehepaar, es war zwar nicht schlecht, aber für unsere Pläne nicht so gut geeignet, da es kaum Nebengebäude hatte. Es war relativ alt und mit Liebe zum Detail renoviert, aber wirkte schon deshalb nicht sonderlich positiv auf mich, weil der gesamte Rasen des Grundstücks total gelb und vertrocknet war. Außerdem war es innen drin ziemlich duster.

SchimmelhausDas zweite Haus war in einem Vorort von Lesparre, ein Stadthaus mit 4 Wohnungen. Es roch miefig und muffig darin, die Wände waren zum Teil schimmelig, eine der Wohnungen war bewohnt und sollte es wohl auch bleiben, das einzig Gute an dem Haus war der schöne Gemüsegarten und der Hühnerstall. Es kam also auch nicht in Frage.

Haus im OrtszentrumDas dritte «Kaufobjekt» war mitten in einem anderen kleinen Ort nicht weit entfernt von Lesparre. Es bestand aus einem Haus, direkt an der Straße gegenüber der Kirche (also viertelstündliches Kirchturmglocken-Gebimmel inclusive), und dahinter einer vermieteten Wohnung, sowie drei Appartments. Das ganze wäre gar nicht schlecht gewesen, wäre es nicht wie gesagt mitten im Dorf gewesen, und nicht auch noch ohne jegliches Grundstück dabei. Ob der geschwätzige Typ mit dem grauen Pferdeschwanz, der uns die ganze Zeit mit Blödsinn vollquatschte, in der Nähe wohnte, ging aus seinem Gelabere nicht hervor – wenn ja, wäre das noch ein zusätzliches Argument gegen das Haus gewesen.

Haus in PauillacDonnerstag morgen stand dann ein weiteres Haus der Maklerin aus Saint Laurent auf dem Plan. Es ist in Pauillac, einem der Haupt-Touristen- und -Weinorte im Médoc. Auch dieses Haus war nicht schlecht, innendrin viel Platz, mit verwinkelten Gängen und geheimnisvollen Türen, die mit Tapete beklebt waren und hinter denen sich eine Treppe nach oben versteckte, wo man gar keine vermutet hätte. Das Haus war an die städtische Kanalisation und Gasversorgung angeschlossen, was bislang bei keinem der anderen Häuser so war («Pauillac c’est Pauillac» bemerkte die Maklerin dazu), auch hatte es eine wunderhübsche Auffahrt mit hellem Kies, die sehr edel aussah. Aber: Es lag direkt an einer Haupt-Ausfallstraße des Ortes – dort war so viel Verkehr, dass es einige Minuten dauerte, bis ich die Straße überqueren konnte, um ein Foto des Hauses von der anderen Straßenseite zu machen. Und zu teuer war es sowieso.

Haus in Saint-Germain-d'EsteuilDonnerstag nachmittag waren wir in einem kleinen Örtchen östlich von Lesparre zur Besichtigung des letzten Hauses mit dem Hausbesitzer verabredet. Das Haus hatten wir vorher schon bei einem Makler im Internetangebot gesehen, und der Besitzer hatte es auch privat auf leboncoin angeboten. Es war recht ruhig und ländlich gelegen, insgesamt nicht unbedingt schlecht, um einfach darin zu wohnen, aber nicht wirklich ideal für unsere Pläne. Das obere Stockwerk bzw. der ausbaubare Dachboden war nur über eine Treppe von der Küche aus zu erreichen. Auf dem Dachboden befanden sich an einem Schornstein Zeichnungen von Lilien, die – so sagte der Hausbesitzer – von einem früheren Besitzer, der wohl Royalist war, stammten. Nette Geschichte, aber nicht gerade ein ausschlaggebendes Kaufargument.

Beim Anschauen so vieler Häuser wird einem übrigens klar, wie eng der Verkauf eines Hauses mit traurigen oder tragischen Schicksalen verbunden ist: Die Dame, deren Mann plötzlich gestorben ist und die sich nicht alleine um das große Haus kümmern kann, der Herr, der nach dem Herzinfarkt nicht mehr die Kraft hat, seine früheren Ausbaupläne zu verwirklichen, die Familie, der das Geld für die fälligen Raten ausgegangen ist…

Ach ja, was wir natürlich auch noch besichtigt haben, und zwar gleich am allerersten Tag unseres Urlaubs, war das Haus in Naujac, auf das wir uns anfangs so versteift hatten und das dann auf einmal verkauft war. Wir wussten ja, wo es war, fuhren also am Sonntag die Landstraße von Hourtin Richtung Lesparre, fanden den kleinen Feldweg, der von der Straße aus zum Haus führt und bogen in den Weg hinein. Ich hätte heulen können. Es war ein völlig seltsames Gefühl, wir kannten ja dutzende Fotos vom Haus und dem Drumherum, und nun waren wir da, und alles sah tatsächlich so aus. Plötzlich kam uns jemand vom Haus aus entgegen, ein dünner junger Mann mit Dreadlocks. Ich stieg aus und fragte ihn, ob das Haus noch zu verkaufen sei, er sagte, nein, er sei der neue Eigentümer. Er wirkte ganz nett und ich fragte, ob wir wenigstens einmal kurz von außen schauen könnten, was er bejahte, also fuhren wir ein Stück weiter zum Haus hin, stiegen aus und warfen ein paar Blicke auf das Haus. Es wirkte kleiner, als ich es mir vorgestellt hatte, und düsterer. Wir unterhielten uns ein wenig mit dem Rastaman. Er arbeitet irgendwo im Weinbau, seine Freundin ist Friseurin und arbeitet ein paar Dörfer weiter. Sie haben das Haus direkt vom ehemaligen Eigentümer gekauft. Wir bedankten uns, dass wir wenigstens mal schauen durften, wünschten ihnen viel Glück im neuen Heim und fuhren wieder. Und damit war das Thema Naujac dann auch abgeschlossen – wir gönnen dem netten Kerl und seiner Freundin das Haus, und ganz ehrlich gesagt war es doch ziemlich nah an der Hauptstraße, auf der bestimmt zumindest im Sommer einiges los ist, wenn alle Leute an den Strand fahren.

 
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