Am 24. Oktober machten wir uns zu dritt (mit Nina) morgens um zwanzig vor vier auf den Weg nach Frankreich. Am Tag zuvor bzw. bis in die Nacht hinein waren wir damit beschäftigt, den Anhänger zu packen, da wir schon möglichst viel auf unserer ersten Fahrt mitnehmen wollten. Vierzehneinhalb Stunden später landeten wir in Saint Laurent, einem Nachbarort von Cissac, wo wir für die Dauer unseres Auftenthaltes ein Zimmer in einem kleinen Hotel gebucht hatten, denn das Haus gehörte uns ja erst ab Montag, und Möbel zum richtig drin wohnen hatten wir sowieso noch nicht dabei. Nachdem wir das leckere Essen im Hotel genossen hatten, fielen wir ziemlich fertig ins Bett.
Am Sonntag morgen fuhren wir natürlich zuerst mal zum Haus. Außer einer Graffiti-Schmiererei, die irgendein Idiot an der Hauswand hinterlassen hatte, und den inzwischen herbstlich kahleren Bäumen hatte sich nichts am Haus verändert. Auch im Nebel gefiel es uns ausnehmend gut . Anschließend sind wir ans Meer gefahren, das ja von Cissac aus in weniger als einer halben Stunde zu erreichen ist. Der morgendliche Nebel hatte sich mittlerweile gelichtet, die Temperatur war auf über 20 Grad geklettert, es war wunderschönster Sonnenschein und der Strand fast menschenleer. Völlig leer waren leider auch die Akkus meines Fotoapparates, so dass ich die herbstliche Strandstimmung nicht im Foto festhalten konnte.
In der Woche zuvor hatte mich die Maklerin angerufen um zu sagen, dass wir uns vor dem Notartermin nochmal am Haus treffen wollten, um die Zählerstände von Wasser und Strom abzulesen, daher fuhren wir am Montag morgen, der auch wieder sehr nebelig war, zunächst nach Cissac. Nachmittags zuvor waren die Vorbesitzer wohl nochmal dort gewesen und hatten das Wandgeschmiere überstrichen. Nach dem Ablesen der Zähler ging es dann zum Notar nach Pauillac. Dieses Mal waren 4 Leute der Erbengemeinschaft da, und Nina war auch mit uns mitgekommen, so dass es ziemlich eng wurde im Notarsbüro und es eine Weile dauerte, bis alle Anwesenden einen Sitzplatz gefunden hatten, der dem Notar genehm war. Unsere Adresse im Vertrag musste dann noch ca. sieben mal geändert werden, da zuerst eine falsche Straße angegeben war, als nächstes dann die korrigierte Straße falsch geschrieben war, in der nächsten Korrektur dann der Ort fehlte, dann der Ort falsch geschrieben war, und ich weiß gar nicht mehr, was dann noch nicht stimmte. Es war jedenfalls wieder köstlich. Nachdem alle Beteiligten diverse Blätter des Vertrags unterschrieben hatten, fragte der Notar, ob wir mit einem Scheck bezahlen wollten oder wie sonst. Aber wir hatten das Geld bereits überwiesen (eher unüblich in Frankreich), und die Notarsgehilfin musste erstmal ein längeres Telefongespräch mit der Bank führen, um festzustellen, ob unser Geld eingetroffen war. Gottseidank war es das. Daraufhin folgte der große Moment: wir bekamen die Schlüssel überreicht und sind seit diesem Zeitpunkt stolze Hausbesitzer!
Als nächstes holten wir den Anhänger, den wir vor dem Hotel abgestellt hatten, räumten alles Mitgebrachte ins Haus ein und nahmen es dadurch quasi in Besitz. Nachmittags wollten wir ein Konto eröffnen, aber die Banken haben, wie viele kleinere Geschäfte auch, Montags geschlossen. Etwas erfolgreicher waren wir mit einem Telefonat mit der EDF, Électricité de France, die für die Stromversorgung zuständig sind. Nina rief dort an (da sie absolut fit im französischen ist und ich momentan noch etwas ungerne telefoniere – sich normal mit jemandem auf französisch zu unterhalten, klappt bei mir ja ohne allzu große Probleme, aber telefonieren ist da nochmal was anderes) und meldete uns als neue Stromverbraucher an. Das Haus war nicht mit dem Stromnetz verbunden, daher musste jemand kommen, um uns anzuschließen. Die Stromversorgung im Haus ist momentan etwas – hm, nennen wir es mal abenteuerlich, und Leo zweifelte, ob wir überhaupt angeschlossen werden würden, wenn jemand von der EDF zum Beispiel den «Verteilerkasten», der hier links auf dem Foto abgebildet ist, sieht.
Am Dienstag morgen fuhren wir nochmal zur Bank, allerdings war es nicht spontan möglich, ein Konto zu eröffnen, sondern wir mussten einen Termin für nachmittags vereinbaren. In der Zwischenzeit hatte jemand von der EDF angerufen und sein Kommen für Donnerstag angekündigt. Der Termin nachmittags bei der Bank war leider nicht erfolgreich, da man dort von uns diverse Unterlagen haben wollte, die wir nicht dabei hatten, zum Beispiel eine Stromrechnung unseres deutschen Stromversorgers . Stromrechnungen sind in Frankreich ein gängiger Identitätsnachweis, da es dort keine Meldepflicht gibt und aus einer Stromrechnung hervorgeht, wo man wohnt. Dass wir gültige Personalausweise dabei hatten, auf denen auch unsere Anschrift steht, zählte nicht. Außerdem erregte es Misstrauen, dass ich einen anderen Nachnamen habe als Leo, da es in Frankreich für Frauen mehr als unüblich ist, bei einer Heirat den eigenen Nachnamen zu behalten. In diesem Punkt waren wir aber gewappnet und konnten unsere internationale Heiratsurkunde zücken.
Am Donnerstag nachmittag erschienen dann gleich 2 Fahrzeuge von der EDF, denen zwei Herren entstiegen, die Lage peilten, eine lange Leiter an den Strommasten gegenüber von unserem Haus stellten, sich große Helme auf den Kopf zogen und das Haus ratzfatz an das Stromnetz anschlossen. Wie die Verkabelung innen im Haus aussah, interessierte sie herzlich wenig. Nun floss der Strom, und wir haben erst mal überall Birnen angeschraubt und Licht gemacht.
Für Freitag hatten sich eine Firma, die die Abwassergrube leeren sollte, und ein Installateur zur Überprüfung der etwas altertümlichen Heizungsanlage angesagt. Außerdem hatte Leo eine undichte Stelle am Dach entdeckt, weshalb wir bzw. Nina einen Maurer angerufen hat (die decken in Frankreich auch Dächer), der ein paar Stunden später auch noch kommen wollte. (Gibt’s sowas in Deutschland? Einen Handwerker, den man anruft und der dann am gleichen Tag noch kommt??) Nachdem stundenlang erstmal niemand kam, erschienen dann zwei Leute fast gleichzeitig. Der Abwasserentsorger rief an und fragte, wo die Straße ist, in der wir wohnen. Es gelang mir, ihm das zu erklären, und kurz nachdem er da war, erschien auch der Installateur. Ich begrüßte ihn und sagte, er solle mitkommen, damit ich ihm die Heizung zeige. Er schaute mich etwas seltsam an, kam aber mit. Als wir dann vor der Heizungsanlage standen, stellte sich heraus, dass das gar nicht der Installateur war, sondern der Maurer. Kann ja mal passieren. Also nahmen wir ihn mit in den ersten Stock, er schaute sich den Dachziegel an und sagte, er sei nächste Woche sowieso in der Nachbarschaft, da könne er das gleich mitmachen. Wunderbar. Dann ließen wir ihn noch den Balkon begutachten, aus dem leider Betonteile herausfallen, und er bestätigte uns, dass der Balkon abgerissen werden müsste, da sich diese Konstruktion nicht reparieren ließe. Mal schauen, was wir da machen. Außerdem erzählte er uns, dass er das Haus kennt, da er früher mit einer der Töchter des Besitzers verheiratet gewesen war. So klein ist die Welt.
Der wirkliche Installateur kam allerdings gar nicht. Ein Anruf am späteren Nachmittag ergab, dass er den Termin schlicht und einfach vergessen hatte. Na dann halt beim nächsten Mal.
Das war eine aufregende und erfolgreiche Woche, und wir sind höchst erfreut, dass das wichtigste wie z.B. Strom und Wasser schon mal funktioniert. Außerdem hat Nina zusätzlich zu ihren Dolmetscher-Tätigkeiten schon 3 Zimmer von ihren wild gemusterten Tapeten befreit. Und am Freitag abend konnten wir bereits unsere erste Mahlzeit im eigenen Haus genießen und damit schon unseren kleinen Einzug feiern
Hier endet nun die Vorgeschichte unseres Hauskaufs und der normale «Blogbetrieb» geht los mit dem ersten Eintrag.