On se fait la bise?

«Faire la bise», also das sich gegenseitig auf die Wangen küssen, ist ja in Frankreich gang und gäbe, aber keinesfalls eine einfache Angelegenheit. Das erste Problem ist, wer wird überhaupt geküsst? Wohl eher nicht Leute, die man kaum kennt, also z.B. neue Nachbarn wie wir. Umso erstaunter war ich letzten Donnerstag, als wir plaudernd mit der Nachbarin von gegenüber vor dem Haus standen und ihr Mann um die Ecke gebogen kam, dem wir bislang noch nie begegnet waren, und der aber trotzdem versuchte, mich zu küssen, worauf ich etwas unbeholfen reagiert habe. Die Nachbarin sagte entsetzt zu ihm «Oh non» und irgendwas mit «bise», woraufhin er grummelnd wieder verschwand. Ich wollte ihn ja keinesfalls beleidigen, sondern war nur etwas erschrocken. Am gleichen Nachmittag, als wir auf dem Hof gerade die Holzverschläge gebaut haben, kam der Sohn einer anderen Nachbarin, die nebenan in einen der Neubauten zieht und der er gerade die Fliesen verlegte, begrüßte uns erst mit Handschütteln und sagte dann zu mir «On se fait la bise», woraufhin ein Bussi links und rechts folgte. (Hätte er das nicht als Feststellung, sondern als Frage formuliert, hätte ich vielleicht geantwortet, «Bien sûr, na klar, wenn du mir dafür deine geile Fliesenschneidemaschine leihst».) Er wollte sich einen Hammer ausleihen, den er uns am nächsten Morgen dann zurückbrachte, dieses Mal in Begleitung seiner Mutter. Und wieder gab es «la bise» zwischen ihm und mir, diesmal ohne vorherige Ankündigung, aber inzwischen bin ich ja gewappnet. Daraufhin begrüßte ich seine Mutter auf die gleiche Art und Weise, aber das war wohl nicht so ganz ok – sie machte zwar mit, schmatz schmatz, fragte aber zwischen links und rechts erstaunt «Oh, on se fait la bise?» Also wir müssen noch viel lernen.
Auch wie oft geküsst wird, kann zum Problem werden. Zur Auswahl stehen nämlich zwei, drei oder vier mal. Manche Theorien besagen, je provinzieller die Gegend ist, um so höher ist die Anzahl der Küsse, mit der Begründung, dass z.B. ein Pariser immer in Hektik ist und keine Zeit hat für mehr als zwei Küsse. Dazu passt ja eigentlich nicht das nur zweimalige Küssen letzten Donnerstag, denn das fand ja auf dem Lande statt, aber ich bin froh, dass ich es spontan richtig gemacht habe. Und sogar in der richtigen Reihenfolge links-rechts.
:m-kiss:

Kommentare:

  1. die „bise“

    Sie wissen, dass sich die Franzosen zur Begrüßung Küsschen auf die Wangen drücken? Bloß wieviele?

    Wenn etwas ganz besonders einfach ist, sagen die Franzosen, es sei „simple comme bonjour“, „so einfach wie guten Tag sagen“. Das wundert mich immer, ich finde das Guten-Tag-Sagen in Frankreich nämlich sehr kompliziert. Vor allem für Ausländer. Denn die Franzosen sagen nicht einfach „Salut“ oder geben sich die Hand wie die Deutschen, nein, sie küssen sich auf die Wange! Und diesen Kuss, auf französisch „la bise“, muss man von klein auf gelernt haben, wie die Franzosen – „Gib Tante Geraldine ein Küsschen!“ – sonst wirkt man dabei lächerlich.

    Der unerfahrene Ausländer hingegen beugt sich mit gespitzten Lippen steif nach vorne, weiß nicht wohin mit seinen Armen, ob man den anderen anfasst, welche Wange zuerst dran ist, ob man die Lippen aufsetzt oder nur so tut… Lachen Sie nicht, jeder deutsche Austauschschüler hat garantiert diesen peinlichen Moment erlebt, wenn man vor einer Gastfamilie steht deren Mitglieder nur eins im Sinn haben: den Neuankömmling zu küssen! Beim Ritual der bise stellen sich vier Fragen: Wann? Wen? Wie? Und wie oft?

    Wann: Wenn man sich in der Freizeit trifft, manchmal morgens auf der Arbeit und immer, wenn man zu Freunden geht. Die Zeit, die für die Küsserei draufgeht, verhält sich dabei proportional zur Anzahl der Freunde. Wenn auf einer Party schon 15 Leute da sind, ist man verhungert, bis man sich zum kalten Buffet durchgeküsst hat. Die Deutschen, die sich ein zeitsparendes „Hallo“ zuwinken, finden das immer ein bisschen anstrengend.

    Wen: Man berücksichtige die familiäre, freundschaftliche und berufliche Bindung, das Alter und den sozialen Status der Person. Seinen Chef küsst man nicht. Beziehungsweise man wartet, bis er einem die bise anbietet. Doch unter Kollegen küsst man sich ungehemmt. Unter Männern kommt es drauf an: Freunde oder Familienmitglieder küssen sich manchmal, aber nicht immer. Die jüngeren Leute küssen viel, und auch die männliche Jugend macht dabei immer häufiger mit.

    Wie: Die bise, das ist plötzliche Nähe, animalisches Schnüffeln und ein hervorragender Ausgangspunkt zum Flirten. Intensität, Dauer und Bedeutung der Küsschen sind daher variabel und dem Feeling der Beteiligten überlassen. Wenn man die Person nicht gut kennt, hält man sich lieber etwas zurück.

    Wie oft? Ach, das leidige Problem der Küsschen-Anzahl! In Paris sind es zwei, in Montpellier 3, in Turballe gibt man 4, im Département Gard sind es 3 usw., usw. Wenn man nicht weiß, woher das Gegenüber kommt, erlebt man so manche unklare Situation, wenn man zum Beispiel jemandem einen dritten Kuss geben will, der sich längst umgedreht hat, oder wenn man nach zwei Küsschen Schluss macht, obwohl der andere einem liebend gern vier gegeben hätte.

    Allerdings habe ich bemerkt, dass auch die Franzosen nicht genau wissen wieviel bises man wo macht. Mir wurde gesagt, in Strassburg seien es 2, oder 3, oder 2. Ein Bewohner von Nemours behauptet, dort seien es 4, andere sagen, es sind 2. Woher diese Ungereimtheiten? Das hat mit der Klassenzugehörigkeit zu tun. In Frankreich sind Klassenunterschiede noch recht markant, man könnte deshalb grob sagen, dass die Großbürger, die nicht ja gerade für ihre Großzügigkeit bekannt sind, sich nur 2 mal küssen, und die Proleten mit ihrem großen Herzen es nicht unter 4 mal tun.

    Kurz, dem Ausländer wird damit das Leben schwer gemacht, denn er weiß nie wie er sich verhalten soll. Ich finde, die Franzosen sollten eine „Frankreichkarte der bise“ herausbringen, auf der je nach Region und nach sozialer Klasse angezeigt wird, wie viel Küsse man auf seiner Reise quer durch Frankreich zu geben hat! Ich wette, die nützt den Touristen genauso viel wie den Einheimischen.

  2. Ich schmeiss mich weg . . . Wusste gar nicht, dass das Leben so kompliziert sein kann. Vermutlich hat man’s als Deutsche leichter, wenn man schon aus der Münchener Bussigesellschaft stammt. Mir persönlich wäre diese Küsserei total unangenehm. Aber ihr werdet das schon lernen.
    Lieben Gruß
    Elke (mit oder ohne „biss“ – äh bise, wie du willst)

  3. Ich hoffe, ihr seid noch in Cissac-Médoc. Hier in Frankfurt ist das Wetter ja nicht zum aushalten *grusel*.
    Lieben Gruß
    Elke

  4. Salut Barbara,

    na das mit „la bise“ ist unumgänglich bei uns, ausser du gehst in eine ablehnende Körperhaltung, da wo es kompliziert wird, das ist die Frage, wieviel Bise in welchem Ort – im Süden bei mir sinds 3, in der Bretagne 4 und in Paris nur 2 – das kommt alles auf die Umgebung an. Aber man begrüsst sich mit „bise“, wenn man sich kennt, fremde Leute werden gefragt … also nicht jedem Fremden, mit dem du grad mal sprichst, eine „bise“ geben :hi:

  5. Salut Marie, schön, dich hier zu sehen :hi:
    Nein, ich bin noch eher zurückhaltend mit den bises, ich werde abwarten, ob mein Gegenüber kusswillig ist oder nicht :-)

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