Hinterher ist man immer schlauer

Ich hatte gestern die Faxen ziemlich dicke und habe auch eine Weile überlegt, ob ich das überhaupt alles hier in den Blog schreibe, aber schließlich ist das ja nicht nur ein Gute-Laune-Alles-Läuft-Super-Blog, sondern soll unsere Erfahrungen mit der Übersiedlung nach Frankreich schildern. Und die sind nun mal nicht nur rosig und positiv. Vielleicht liest das ja jemand, der ähnliches vorhat und den unsere Erfahrungen vor ähnlichen Geschichten bewahren.
Mittlerweile haben wir uns wieder beruhigt, der Ärger ist ein wenig verraucht, und ich bin wieder in der Lage, über die Ereignisse der letzten Tage hier zu schreiben.

Zunächst mal das Harmloseste, nämlich die Entleerung unser Abwassergrube gestern nachmittag: der Entleerer kam wie abgemacht, und es war der gleiche Typ wie im Oktober 2009. Als er in die Küche kam, um den Scheck entgegenzunehmen, habe ich ihn darauf angesprochen, dass er damals gesagt hatte, unsere Grube müsse alle fünf Jahre entleert werden. Mais non! hat er gesagt, aber nein, alle zwei Jahre muss die entleert werden! Wer diesen Blog verfolgt hat, weiß so ungefähr, wie oft wir seit dem Oktober 2009 hier waren, und wie lange das Haus leer stand, ohne das jemand die Grube befüllt hätte. Also ist auch die Angabe «alle zwei Jahre» völlig blödsinnig, aber ich habe nichts dazu gesagt, mir fehlten dazu auch im Anbetracht meiner gestrigen Laune die Worte. Ich glaub hier mittlerweile sowieso bald niemandem mehr irgendwas, denn was immer jemand gestern gesagt hat, ist heute nicht mehr gültig, bzw. es wird abgestritten, dass es überhaupt gesagt wurde. Aber näheres zu meiner Verärgerung folgt weiter unten.

Am Mittwoch waren wir in Bordeaux im Generalkonsulat. Bordeaux ist eine Großstadt. In Großstädten sieht es nicht allzu rosig aus mit Parkplätzen, auch nicht in dem Stadtteil außerhalb des Zentrums, in dem sich das Konsulat befindet. Natürlich gibt es dort Parkhäuser, aber diese sind für Fahrzeuge geeignet, die nicht höher sind als 1,80 Meter. Also nicht für Renault Trafics. Um zehn Uhr hatten wir den Termin und sind glücklicherweise frühzeitig losgefahren, denn wir sind gefühlte 87 mal um das Konsulat herumgefahren auf der Suche nach einem Parkplatz. Irgendwann hatten wir dann kilometerweit weg eine Parklücke gefunden, die gerade mal so groß war, dass ich Leo in Millimeterarbeit hineindirigieren konnte. Die Nummernschilder mussten abmontiert werden, dabei war uns schon ein wenig mulmig, denn ein Auto einfach so ohne Nummernschilder auf der Straße abzustellen, ist ja nicht ganz risikolos. Anschließend sind wir im Laufschritt zum Konsulat gehetzt und waren tatsächlich zwei Minuten nach zehn dort. Das Konsulat ist ein schönes altes Gebäude, und wir wurden nach kurzer Begutachtung problemlos durch zwei Sicherheitstüren hineingelassen. Wahrscheinlich wäre es gar nicht notwendig gewesen, einen Termin auszumachen, denn zum einen hat uns niemand danach gefragt, zum anderen war dort so gut wie nichts los. Eine deutsch bzw. badisch sprechende Frau kümmerte sich um uns, kassierte alle Dokumente ein, die wir dabei hatten, und sagte, wir sollten uns setzen, da es ein wenig dauern würde. Der Warteraum dort ist nicht allzu anheimelnd, ca. zehn Quadratmeter groß mit einigen Stühlen und lauter uninteressanten Broschüren, die überall herumliegen (unter anderem über die schönsten Wanderwege in Hessen, oder darüber, was man als Deutsche/-r tut, wenn man von einer französischen Autowerkstatt beschissen wird, und ähnlich wichtige Informationen). Irgendwann wusste ich nicht mehr, was ich noch lesen sollte, auch die Ablenkung durch andere Leute war nicht sehr groß – es kam außer uns nur noch eine Frau, die ihren Pass verlängern lassen wollte und ein französisches Paar im Rentenalter, das Informationen über Handwerker in München haben wollte (denen nicht so richtig geholfen werden konnte). Nach EINEINHALB Stunden bekamen wir dann endlich unsere Nummernschilder mit abgekratzten Stempeln, unsere Dokumente (auf den Fahrzeugschein hatte die Konsulatsfrau zunächst einen falschen Stempel gemacht, auf dem etwas mit Passangelegenheiten stand, diesen dann verschmiert und den richtigen druntergesetzt) und Bescheinigungen über die Abmeldung von Trafic und Anhänger. Dann sind wir zurückgefahren nach Cissac, und es war schon ein etwas merkwürdiges Gefühl, mit entstempelten Nummernschildern rumzufahren, aber angeblich darf man das ja bis zur Neuanmeldung.

Gestern morgen sind wir nach Lesparre zur Sous-Préfecture gefahren, um Auto und Anhänger wieder anzumelden. Der Raum, der dort für die Öffentlichkeit zugänglich ist und in dem man direkt von der Straße aus landet, ist ziemlich winzig, wenn dort sechs Leute vor dem durch dicke Glasscheiben abgetrennten Schalter stehen, ist er voll. Und im Laufe der Zeit sammelten sich mehr als sechs Leute hinter uns, da so eine Anmeldeangelegenheit etwas länger dauert und nur eine einzige Sous-Préfecture-Angestellte da war, nicht zwei wie sonst. Als sie dann fertig war und die Schecks einkassiert hatte, sagte sie, dass wir nächste Woche die vorläufige Carte grise, also die Zulassungsbescheinigung bekommen. Dumm gelaufen, denn nächste Woche sind wir wieder in Frankfurt. Und wir haben das ganze ja überhaupt nur so spät gemacht, weil sie uns bei unserem letzten Besuch dort gesagt hatte, dass es je später desto besser sei, da die endgültige Carte grise nach frühestens zwei Wochen per Post zugestellt wird, und dann nochmal zwei Wochen auf der Post gelagert wird, wenn niemand angetroffen wird. Das wäre also gut hingekommen, so dass wir sie direkt nach unserem Umzug hätten abholen können. Also kurzgefasst: eine ziemlich dämliche Situation, das Auto ist abgemeldet und noch nicht wieder angemeldet, hat entstempelte Kennzeichen, und alles, was wir haben, ist eine Bestätigung der Sous-Préfecture, dass wir mit diesen Kennzeichen zwei Monate herumfahren dürfen, allerdings steht auch explizit drauf, dass das NUR IN FRANKREICH gilt. Als sie unsere Verzweiflung sah, hat sich die Frau bereit erklärt, zu versuchen, uns bis morgen die Bescheinigung zu besorgen, die wir brauchen, um die Kennzeichen anfertigen zu lassen. Sie wollte uns anrufen, wenn sie etwas erreicht hat. Ob das alles dann trotzdem klappen würde, steht in den Sternen, denn eine Zulassung läuft hier anders als in Deutschland. In D muss zur Fahrzeugzulassung bereits eine Versicherungsbestätigung vorliegen, aber in F kann man erst eine Versicherung beantragen, wenn man die Kennzeichen hat.
Tja. Wir hatten uns also den Rückweg nach Frankfurt quasi selbst abgeschnitten.

So cool, dass wir nun mit dem abgemeldeten Auto nach Frankfurt fahren, sind wir nicht. Außerdem fände ich das auch gar nicht cool, sondern verantwortungslos.
Wir haben also Alternativen gesucht – nach Frankfurt müssen wir, dadran lässt sich nicht rütteln. Mit dem Zug bekommt man einigermaßen gute Preise, wenn man frühzeitig etwas bucht. Aber nicht, wenn man erst drei Tage vorher bucht. Meine Recherchen haben dann ergeben, dass ein Mietwagen plus Autobahngebühr und Sprit billiger, oder besser gesagt weniger teuer ist als zwei Bahntickets, zumindest bei dem Mietwagen-Wochenendtarif, den ich ausfindig gemacht habe. Deshalb habe ich ein Auto gebucht, das am Samstag am Flughafen in Bordeaux zur Abholung bereitsteht, so dass wir damit nach Frankfurt fahren könnten, und ihn am Montag wieder abgeben. Bei der Buchung gab es ein paar Ungereimtheiten, da die Miete DOPPELT so teuer sein sollte, wenn man den Wagen in Frankfurt an der uns nächstgelegenen Mietwagen-Niederlassung abgibt und nicht am Hauptbahnhof. Aber wir haben ja eine Bescheinigung über den Mietpreis.

Heute morgen nun haben wir nicht erst abgewartet, ob die Frau aus der Sous-Préfecture anruft, sondern sind hingefahren (nachdem wir erst in Pauillac bei der Bank waren, um dort mitzuteilen, dass sie uns die Kontoauszüge ab April nicht mehr nach Deutschland, sondern nach Cissac schicken, was auch nach Vorlage einer Stromrechnung kein Problem war). Und dann gab es etwas erfreuliches: es hatte tatsächlich kurzfristig geklappt, uns Kennzeichen zuzuteilen, und wir erhielten von der Frau zwei Bescheinigungen, mit denen wir Auto- und Anhängerkennzeichen anfertigen lassen konnten. Außerdem teilte sie uns mit, dass es eventuell klappt, dass wir morgen die Carte grise mit der Post zugestellt bekommen, und dass sie uns die Daumen dafür drückt. Das war ja sehr nett, und ich wundere mich jetzt einfach mal nicht darüber, dass das eigentlich mindestens zwei Wochen dauert und nun so schnell gehen soll.
Als wir dann wieder zuhause waren, hat Leo online die Autoversicherung abgeschlossen, für die er sich schon vor einiger Zeit einen Kostenvoranschlag hatte machen lassen. Das ging auch recht problemlos, und wir konnten uns eine vorläufige Versicherungsbestätigung, eine Carte verte, ausdrucken. Bzw. konnten wir das nicht, denn der uralte Drucker, den wir hier haben, weigerte sich aus unerfindlichen Gründen, pdf-Dateien auszudrucken. Und für den relativ neuen Drucker, den wir auch hier haben, hatten wir blöderweise kein Anschlusskabel. Aber glücklicherweise wissen wir ja inzwischen, wo es so etwas zu kaufen gibt, waren also nachmittags nochmal unterwegs und haben ein Kabel gekauft, damit den Drucker angeschlossen und die Versicherungsbestätigung ausgedruckt.
Und jetzt ist die große Frage: Kommt morgen vormittag die Carte grise? Das würde bedeuten, dass wir ein ordentlich versichertes, in Frankreich zugelassenes Fahrzeug hätten, mit dem wir problemlos auch nach Deutschland fahren könnten. Der Anhänger müsste allerdings auf jeden Fall hier bleiben, denn es war nicht möglich, dafür online eine Versicherung abzuschließen, das muss per Post geschehen. Die zweite Frage ist, wenn die Carte grise nicht kommt, was machen wir dann? Bleiben wir bis Montag und hoffen darauf, dass sie dann kommt? Das wäre im Prinzip noch machbar, da wir bzw. Leo erst Dienstag früh zum Arbeiten antanzen muss. Aber wenn sie dann auch nicht kommt, was dann? Der Mietwagen kann zwar kostenfrei storniert werden, allerdings ist am Montag kein Wochenende mehr, und dann nochmal einen Mietwagen zu nehmen, wäre erheblich teurer.

Also sind wir jetzt einfach mal ganz locker und schauen, was uns die morgige Post bringt. Ach ja, und NATÜRLICH wissen wir inzwischen, dass es wesentlich problemloser gewesen wäre, das Auto erst im April nach dem Umzug umzumelden, aber die Informationen, die wir in den letzten zwei Wochen dazu bekommen haben, ließen nicht darauf schließen. Und ganz so schlecht, dass wir einfach alles falsch verstanden haben, ist unser französisch nicht.
Wer also meint, hierzu irgendwelche Kommentare abgeben zu müssen, soll sich das gut überlegen. Ganz so stabil ist mein Nervenkostüm nämlich noch nicht wieder, und dämliche Kommentare werden gnadenlos gelöscht.

Kommentare:

  1. Da kriegt man ja schon beim Lesen Zustände! Ich kann gut verstehen, was da in Dir hochgekocht ist. Da möchte man am liebsten alles hinschmeißen.
    Als Du zuerst von der Parkplatzsuche geschrieben hast und, daß Ihr das Auto ohne Kfz-Kennzeichen geparkt lassen mußtet, dachte ich erst, daß man Euch den Wagen abgeschleppt hätte oder ein Knöllchen oder sowas in der Art, aber was dann kam, hat meine Vorstellungskräfte bei Weitem übertroffen.
    Ich denke morgen früh ganz fest an Euch und drück´ die Daumen, daß diese Carte grise noch rechtzeitig mit der Post kommt.

    Ganz, ganz liebe Grüße, Dorit

  2. Auch ich werde hier sitzen und die Daumen drücken. Das ist ja der absolute Hammer. Das braucht kein Mensch. Auch ich dachte das Auto sei abgeschleppt worden (so ticken die Deutschen, Abschleppen ist der erste Gedanke !!! udn den Franzosen ist das absolut egal). Ich wünsche euch eine gute Heimfahrt – egal womit. Glaub mir, irgendwann, wenn alles vorbei ist, werdet ihr darüber lachen können.
    Bon Route…. liebe Grüsse auch an Leo von Andrea

  3. Ich finde, das ist eigentlich für unsere französischen Verhältnisse recht reibungslos abgelaufen.

    Für dein Grube denke ich, dass ihr die geeigneten Bakterien jeden Monat da rein tut? Ich hatte das Problem im Elsass und musste schmerzhaft erfahren, dass Gruben überlaufen, wenn man das nicht tut? Eparcyl heisst das Zeugs… mir hatte damals der Vermieter gesagt, wir wären am Tout à l´égout angeschlossen, wie das mittlerweile in Frankreich Pflicht ist, wenn die Möglichkeit besteht. Also kein Eparcyl und Grube voll … mit Eparcyl verlängert das die Lebensdauer.

    Und nicht gehaltene Versprechen gibs überall, nicht nur bei uns.

    Übrigens in Wahrheit, laut der blöden Regierung, wie es auch auf der Internetseite steht, muss die carte grise innerhalb von spätestens 6 tagen geliefert werden, wenn man das in einer zugelassenen Werkstatt macht, dann ist das sofort möglich … steht auf der Internetseite, aber wer hält sich schon an das, was von Amtseite gelabert wird her :lol:

  4. Liebe Marie,
    es gibt unterschiedliche Gruben. In Sickergruben braucht man Bakterien, die die Feststoffe „auffressen“, während der Rest im Erdreich versickert. Wir haben aber keine Sickergrube, sondern eine mit Betonwänden, aus der nichts sickert, und die muss in gewissen Abständen komplett ausgesaugt werden. Tout à l’égout ist hier für 2011 geplant, das lässt hoffen :-)

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