Heute morgen, als wir in der Küche saßen, hörten wir draußen im Garten laute, aufgebrachte Stimmen. Wir schauten nach, was los war, und sahen, dass sich unser Nachbar mit einem Typen stritt, der auf unserem Grundstück war. Ein Hund war offensichtlich auch im Spiel, der verdünnisierte sich gerade, und der Typ ging hinterher. Wie Leo anschließend von unserem Nachbarn erfuhr, war der Typ ein Jäger, der mit seinem Hund in dem Weinfeld hinter unserem Grundstück auf der Pirsch war, und der Köter war ihm wohl abgehauen und hatte zwei der Enten unseres Nachbarn, die gerade bei uns auf der Wiese spazierengingen, gekillt. Verständlicherweise war unser Nachbar mehr als ungehalten, da der Jäger wohl auch keinerlei Bedauern zeigte, geschweige denn wenigstens einen Kostenersatz leisten wollte. Jean-François rief die Gendarmerie an, woraufhin auch kurz danach zwei Gendarmen erschienen und den Jäger anschließend ausfindig machten. (Er erschien dann heute nachmittag beim Nachbarn und hat wenigstens die Enten bezahlt.) Die Gendarme sagten außerdem noch, dass im Prinzip jeder einfach bei uns auf dem Gelände rumlaufen darf, solange wir keinen Zaun um unser Grundstück ziehen oder wenigstens Schilder aufstellen, die das Grundstück als Privatbesitz ausweisen. Wir werden also sehr bald unsere Grundstücksgrenze mit solchen Schildern pflastern.
Manchmal scheint es, als ob unser Nachbar den Ärger anzieht, denn vor kurzem hat er sich schon einmal mit einem Jäger böse gestritten, und zwar zu Recht, denn dieser Idiot hatte in Richtung des Hauses unseres Nachbarn gezielt, und die Schrotkörner hagelten gegen seine Fensterscheiben. Gar nicht auszudenken, wenn da jemand vor dem Haus gewesen wäre … Wenn ich die Ballerei höre, befürchte ich immer, dass einer dieser Deppen einen unserer Kater erwischt. Aber im Haus einsperren können wir die Viecher ja auch nicht. Es gibt jedes Jahr einige Jagdunfälle, da knallen sich dann die Jäger gegenseitig ab – nicht vorsätzlich, aber wohl auch aufgrund der Tatsache, dass einige von ihnen die achtzig überschritten haben und vermutlich nicht mehr so richtig gut sehen können …
Die Jägerei hier ist ja sowieso sehr gewöhnungsbedürftig. Die französische Revolution hat das Jagdprivileg des Adels abgeschafft, seitdem kann jeder für sehr wenig Geld einen Jagdschein erwerben und während der Jagdsaison von September bis Februar lustig in der Gegend rumballern. Während dieser Zeit sollte man es tunlichst vermeiden, z.B. im Wald spazieren zu gehen.
Aber zurück zu den Enten. Da sie nunmal tot waren, meinte Jean-François, dass man sie nun wenigstens noch einem sinnvollen Zweck zuführen könnte, nämlich sie zu essen. Und zwar seine Familie eine, und wir die andere. Da der Nachbar noch nie eines seiner Geflügel getötet und/oder gerupft hatte, sollte Leo das machen, also praktisch aus Dank dafür, dass wir eine Ente abbekommen haben. Deshalb hat Leo heute zum ersten Mal in seinem Leben ein totes Tier, bzw. zwei, gerupft und konnte somit schonmal für die Zukunft üben, wenn wir selbst Geflügel haben werden. Ich habe mir das nur kurz angeschaut und beschlossen, dass er das auch weiterhin machen wird, und ich ganz bestimmt nicht. Natürlich ist das etwas blöd – wenn man auf dem Land wohnt und Nutztiere hat, werden die halt auch irgendwann mal geschlachtet und gegessen. Vielleicht ändert sich mein Gefühl dazu ja auch irgendwann mal, aber diese tote Ente heute zu sehen, war nicht schön, und ich hätte sie nicht rupfen können. Zu meiner Entschuldigung habe ich nur zu sagen, dass ich solche Tiere sonst immer nur niedlich irgendwo rumlaufen sehe, und die essbare Variante der Tiere im Supermarkt immer schon küchenfertig ohne Fell oder Federn ist und auch meist mangels Kopf und Füßen nicht mehr sehr an ein lebendes Tier erinnert.
Und so ist es ja kein Wunder, wenn wir mit unserem Schlafzimmer nicht weiterkommen. Jeden Tag kommt irgendwas dazwischen – mal schauen, was morgen ist. Jedenfalls ist die Dampfbremsfolie über der Dämmwolle jetzt fertig befestigt (bis auf eine Ecke), die Fensterlaibung ist ein zweites Mal mit Fassadenfarbe gestrichen, und außerdem haben wir, nachdem Leo mit der Enten-Aktion fertig war, noch einiges im Garten geschafft, was bei dem frühlingshaften Wetter heute mit fast 20 Grad sehr angenehm war.
Also, Barbara tröste Dich, ich könnte auch kein Federvieh rupfen, geschweige denn schlachten.
Zum Thema „Grundstückseinfriedung“ hätte ich die folgende Idee:
um Euren Ausblick bzw. die Landschaft nicht mit Zäunen zu verschandeln, zieht doch einfach eine 2 m hohe Panzerglaswand um´s Grundstück. So bleibt der Blick frei, die (Schrot-) Kugeln werden abgehalten und windgeschützt ist es auch noch. Natürlich müssen da dann noch diese Vogel-Silouetten aufgeklebt werden, damit weder Mensch noch Tier davorläuft oder -fliegt. Und – nur um den blöden Jäger zu ärgern – würde ich noch einen kapitalen Hirsch in Originalgröße im Garten aufstellen!! (leihweise in jedem gut sortierten Naturkunde-Museum zu bekommen)
Vielleicht mag sich ja der Nachbar die Kosten mit Euch teilen.
Liebe Grüße,
Dorit
Panzerglaswand –
Well done Leo. The area around us is one huge lakeland due to severe flooding so we have plenty of happy ducks here. D x