Letzte Nacht hat es draußen gefroren, und heute morgen schien die Sonne vom strahlend blauen Himmel und ließ den Rauhreif auf den Wiesen glitzern. Wunderschön sah das aus, und als dann auch noch M. Renaud anrief um zu sagen, dass er gleich mit dem neuen circulateur vorbeikäme, dachte ich, dass nun ja wohl nichts mehr schief gehen könnte. Leider war das dann nicht so. Ich wollte schnell das Geschirr von gestern abend abwaschen und die Abwasch-Schüssel vollaufen lassen, aber es kam nur noch eine halbe Schüssel voll Wasser aus dem Hahn. Naja, dachte ich, da werden sie das Wasser wohl abgestellt haben. Falsch gedacht, denn kurz darauf kam Leo mit blassem Gesicht an und sagte, es ist kein Wasser mehr da. Ich dachte, er macht dumme Witze und habe irgendwas blödes in der Art von „Wo ist es denn hin?“ geantwortet. Tatsache war aber, dass es in der Nacht, wie ich oben schon schrieb, gefroren hat – und so etwas kommt hier ein mal in zehn Jahren vor, wie M. Renaud uns sagte – und es hat nicht nur draußen gefroren, sondern auch irgendwo drinnen, was zur Folge hatte, dass die Wasserleitung eingefroren war. Und zwar nicht die Zuleitung des städtischen Wassers, sondern die Leitung irgendwo bei uns im Gebäude. Die Zuleitung ist ganz rechts in der dépendance, einem halboffenen Gebäude, und verläuft dann durch die chai, dem unisolierten Teil in der Mitte des Gebäudes, in die unisolierte Garage, in der der Heizkessel steht. Leo sah uns schon wieder heute nach Frankfurt zurückfahren, aber M. Renaud ließ sich von solchen Lappalien nicht erschüttern. Er fuhr weg und kam kurze Zeit später mit einem Wasserschlauch wieder, kappte kurzerhand die Wasserleitung, schloss den Schlauch an die städtische Versorgungsquelle an, holte eine Monster-Bohrmaschine hervor und bohrte damit ein Loch durch die 53 cm dicke Wand von der dépendance zur chai, legte den Schlauch durch das Loch und schloss ihn an die Heizung an. Kurze Zeit später hatten wir dann nicht nur unser warmes Wasser wieder, sondern es strömte auch wohlige Wärme aus den Heizkörpern. Ich hätte den Mann küssen können. Morgen früh kommt er nochmal vorbei um zu sehen, ob alles noch läuft, und um die Rechnung zu bringen.
Vielleicht sollten wir uns freuen, dass wir Zeugen dieses seltenen Naturereignisses sein konnten, dass es im Médoc friert, aber ehrlich gesagt hätten wir lieber darauf verzichtet.
Gefrühstückt hatten wir den ganzen Morgen nicht, und nachdem M. Renaud dann fort war, war auch keine Zeit mehr dazu, denn wir mussten uns sputen, um unseren Termin um 14 Uhr bei der Bank in Pauillac, ca. 15 Minuten von uns entfernt, wahrzunehmen. Hier lief alles problemlos. Unsere neue Kundenbetreuerin war sehr nett, wir haben endlich unsere Kontonummer erhalten und drei RIBs, sowie einen Wandkalender, zwei Taschenkalender und eine Sammelmappe für Kontoauszüge, und bekommen cartes bancaires, Schecks, und alles, was man so braucht, zugeschickt.
Anschließend waren wir in Pauillac im LIDL-Markt, der wohl in Zukunft eine unserer Haupteinkaufsquellen wird, da er mit sieben Kilometern Entfernung der uns am nächsten gelegene Supermarkt ist. Testhalber habe ich schonmal Katzenfutter gekauft, das Lili in Frankfurt vorgesetzt bekommt – sie verträgt ja kaum ein Futter und kotzt die meisten Sorten wieder aus, mal schauen, ob sie dieses verträgt.
Dann waren wir noch in einem Baumarkt in Pauillac, um dort Dämm-Material für die neue Wasserleitung zu holen, aber dieser Baumarkt war eher eine Apotheke, weswegen wir nochmal in die entgegengesetzte Richtung nach Lesparre in einen Baumarkt gefahren sind und das Zeug dort geholt haben.
Morgens hatte ich noch den Nachbar von M. Renaud auf seine Empfehlung hin angerufen – der Nachbar ist Tischler und somit auch für Fenster zuständig, und ich habe ihn zu uns gebeten, damit er uns einen Kostenvoranschlag für neue Fenster macht. Wir haben hier im Haus bislang nur Fenster mit Einfachverglasung, die wir alle erneuern lassen wollen bzw. sinnvollerweise erneuern lassen müssen, um nicht aus den Fenstern hinauszuheizen. Während wir also auf dem Rückweg von Lesparre waren, rief dieser Tischler an um zu sagen, dass er bereits auf dem Weg zu uns. Tatsächlich erschien er auch, kaum dass wir zu Hause waren, und maß alle Fenster aus. Den Kostenvoranschlag wird er uns nun zuschicken, wir sind gespannt.
Als er weg war, haben wir dann die neu gelegte Wasserleitung warm eingepackt in das Dämmzeug, das wir aus dem Brico geholt haben, so dass jetzt hoffentlich in den nächsten Tagen nichts mehr einfriert.
Und jetzt ist es fast elf Uhr am Abend. Wir haben nun endlich unser Frühstück nachgeholt, sitzen gemütlich im Kerzenschein in der Küche und werden gleich noch ein Stück Käse zum Rotwein zu uns nehmen. Es ist mittlerweile kuschelig warm, im Radio singt jemand «Ça fait du temps», und es ist einfach gut, hier zu sitzen und zu wissen, dies ist der Ort, an dem wir bald unser Leben verbringen werden. Vermutlich wird es noch häufiger solche Aktionen wie die unerwartete Reparatur einer Wasserleitung geben, aber die heutige Erfahrung hat wieder mal gezeigt, irgendwie gibt es immer für alles eine Lösung. Tout va bien.