Nicht ohne meinen Passierschein

Vor zehn Tagen habe ich mich hier ja eher scherzhaft über die Auswirkungen des Corona-Virus ausgelassen. Inzwischen hat sich die Situation in Frankreich verschärft, worüber wohl auch in Deutschland berichtet wurde. Gestern abend hat sich Monsieur le Président zum zweiten Mal in dieser Woche an seine “compatriotes”, seine Landsleute gewandt. Die zwanzigminütige Rede wurde im Fernsehen übertragen, und auch im Radio, was wir in der Küche sitzend verfolgt haben. Zum Anfang und zum Ende der Rede wurde sogar die Nationalhymne angespielt. Herr Präsident hat sein Unverständnis darüber ausgedrückt, dass der Appell in seiner letzten Rede, zuhause zu bleiben, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen, offensichtlich vielfach ignoriert wurde. (Ich finde das auch unverständlich.) Daher gelten seit heute Mittag andere Regeln. Er hat in seiner Rede das Wort “confinement”, also Ausgangssperre, zwar nicht wörtlich benutzt, aber wir haben nun eine. Man darf noch zur Arbeit fahren/gehen, sofern es nicht möglich ist, die Arbeit von zu Hause aus zu erledigen, man darf einkaufen, man darf aus gesundheitlichen Gründen das Haus verlassen, um z.B. zur Ärztin/zum Arzt zu gehen, man darf dringende familiäre Sachen erledigen, und man darf das Haus verlassen, um z.B. zu Joggen oder auch Hunde spazieren zu führen, aber nur alleine, nicht in Gruppen! Für alle diese Aktivitäten muss man sich vorher dieses Attest herunterladen, ausfüllen und mit sich führen:

Wobei, wenn ich die Hunde spazierenführe, ist es ja wohl offensichtlich, was ich tue, und ich glaube auch eher nicht, dass die Gendarmerie durch Wälder und Weinfelder fährt, um eventuelle Spaziergänger auf ausgefüllte Atteste zu überprüfen – aber sei’s drum, ich werde mir den ausgefüllten Zettel in die Hosentasche stecken.

Und sonst so:

· Der örtliche Bäcker hatte heute vormittags um elf kein Brot mehr.

· Der Hundeclub hat natürlich auch geschlossen, will aber jede Woche per Mail Übungen schicken, die man mit dem Hund machen kann.

· Eine Zeitung titelte “Arrivée massive de Parisiens sur nos côtes”, also: Viele Pariser, die ein Zweithäuschen irgendwo an der Küste haben, machen sich dorthin auf. Nicht so ganz im Sinne der Verlangsamung der Ausbreitung des Virus …

· Wie ich gerade gelesen habe, gehen jetzt, zusätzlich zu den Hamsterkäufen, die Hamster-Bevorratungen mit Benzin los. Tja, wir werden wohl kein Benzin brauchen, denn weite Strecken werden wir sowieso nicht fahren können, da unser rechter Vorderreifen ständig Luft verliert:

Werkstätten sind zwar geöffnet, aber unsere Reifengröße muss der “garagiste” hier im Ort bestellen. Darum werden wir uns die nächsten Tage mal kümmern müssen. Muss sowas gerade jetzt passieren?

Um uns das Leben ein wenig zu versüßen, habe ich mal wieder ein neues Rezept ausprobiert und diese Brownies gebacken – sie sind wirklich oberlecker!

12 von 12 im März 2020

Zwölf Fotos vom zwölften Tag des Monats zu zeigen, darum geht es bei der Aktion 12 von 12 bei Caro. Hier sind unsere 12, angefangen mit den wunderschön blühenden und duftenden Hyazinthen im Garten.

Jacques war hier im Blog schon länger nicht mehr zu sehen, deshalb gibt es von ihm auch mal wieder ein Foto – er wartet gerade aufs Frühstück:

Jacques

Da die Hecke und die Bäume im letzten Jahr nicht beschnitten wurden, haben sie das Olivenbäumchen arg bedrängt, weshalb es völlig quer gewachsen ist. Jetzt hat Leo Hecke und Baum gestutzt und das Bäumchen (das eigentlich schon ein Baum ist, er ist größer als ich) mit einem Gurt, der in der Erde befestigt ist, gerade gezogen, auf dass es wieder nach oben wächst:

Olivenbäumchen

Dann ein Mittagssnack.

Croissant mit Mango-Kiwi-Marmelade

Nachmittags wollten wir den Wocheneinkauf mit einem Spaziergang verbinden und sind ans Meer gefahren, das erste Mal in diesem Jahr. Wir waren in Montalivet. Es war Flut mit sehr hohen Wellen, vom Strand war so gut wie nichts zu sehen.

Bei Montalivet

Wir sind etwas weiter nördlich gefahren. Dort war zwar auch kein Strandspaziergang möglich, aber auf der anderen Seite der Düne führen Wege in den Wald, rechts im Foto zu sehen:

Der Weg führt nach einigen hundert Metern zu einem Campingplatz, auch viele schmale Mountainbike-Wege sind dort. Da kein Mensch weit und breit unterwegs war, kamen wir keinem Mountainbiker in die Quere.

Viele der Bäume sind sehr skurril gewachsen bzw. vom Wind umgeknickt:

Unmengen von Pinienzapfen gibt es dort, an den Bäumen und auf der Erde:

Pinienzapfen

Und überall blühender Ginster:

Ginster

Sehr schön war’s.

Dann noch einkaufen.

Ja, die haben hier auch Sonntags geöffnet.

Die Lage bei uns

Wie wir gehört bzw. gelesen haben, werden in deutschen Supermärkten bestimmte Artikel knapp, da das Corona-Virus wohl Leute dazu bringt, Nudeln, Klopapier und Mehl in größeren Mengen zu kaufen. Also hier bei uns auf dem Lande ist das nicht so. Oder zumindest noch nicht. Nudeln, kein Problem.

Klopapier, 2-, 3- oder 4-lagig, weiß oder rosa, mit Hundebild auf der Verpackung oder ohne, gibt es alles.

Oder Mehl. Alles noch zu haben. Wenn wir ein Care-Paket nach Deutschland schicken sollen, kein Problem, einfach melden, machen wir gerne. Gut, über die Preise müssten wir natürlich reden, das ist ja wohl verständlich, dass solche Artikel in Zeiten der Knappheit ein wenig teurer sind als normalerweise, nicht wahr? 😁

Heute haben wir es ausgenutzt, dass es endlich mal nicht geregnet hat und waren im Hundeclub. Dort wird seit kurzem eine neue Sportart angeboten, Hooper, dabei läuft der Hund durch Tore und der Mensch bleibt stehen, was mir sehr entgegen kommt. Dieses Agility, wobei man ständig mit hängender Zunge neben dem Hund herrennen muss, ist nichts für mich, deshalb wollte ich mal mit Gaston probieren, zu hoopern. Leider findet Hooper nur alle zwei Wochen statt, und heute gerade nicht. Aber es war auch so ganz nett. Leo hat mit Gaston Agility gemacht, das können die beiden ja noch sehr gut von früher. Elly und ich waren in einem anderen Kurs, in dem ich versucht habe, sie dazu zu bewegen, ein paar Kunststücke zu machen, was mir sogar das eine oder andere Mal gelungen ist.

WmdedgT – März 2020

Es ist regnerisch, windig, kalt, ekelig, und es ist der 5. des Monats. Das ist traditionell der Tag, an dem Frau Brüllen die Bloggergemeinde fragt „Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“ Hier ist unser Tag:

Hühnerfütterung

Das Übliche am Morgen: Kaffee, Fütterung von Katzen, Hunden und Hühnern. Die Ara bekommt erstmal was aus der großen Schüssel, weil die anderen sie immer von den Futternäpfen wegscheuchen.

Streuselkuchen mit roten Beeren

Ich habe ein neues Kuchenrezept ausprobiert. Der Kuchen ist mir ein wenig zu bröselig, aber Leo findet ihn gut. Vor kurzem habe ich meiner uralten Rezeptesammlung ein neues Design verpasst, so dass die Seite jetzt auch mit Smartphones oder Tablets lesbar ist. Das letzte Rezept auf der Seite war von 2013! Ich werde jetzt alles, was ich so backe, dort ablegen, da ich in meiner Zettelsammlung immer ewig suchen muss, bis ich etwas wiederfinde. Das Rezept für den Brösel-Beerenkuchen ist da auch zu finden.

Alles unter Wasser

Währenddessen war Leo mit den Hunden unterwegs. Alles steht momentan unter Wasser; das Wetter könnte langsam mal etwas besser werden.

Zwischendurch in der Garage habe ich Brüno in seinem neuen Lieblingsschlafplatz gesehen:

Brüno schläft

Mittags gab es eine kleine Stärkung.

Mittagssnack

Anschließend hat sich Leo einen Mittagsschlaf verdient, und ich habe weitergelesen in dem Buch, das meine Schwester mir geschenkt hat, „Me“, die Autobiographie von Elton John. Ich bin sehr begeistert von dem Buch, es ist witzig und spannend und berührend. Ich bin ja ein bekennender Elton-John-Fan; eine meiner ersten Singles war Crocodile Rock. 1992 habe ich ihn mit einer damaligen Freundin im Bremer Weserstadion live gesehen, super Wetter, super Atmosphäre, unvergessen hinterher der Sekt in größeren Mengen auf dem Balkon unter den Sternen. Als Vorgruppe haben Crowded House gespielt, die ich bis dahin gar nicht kannte, sehr schön war das. Fast auf den Tag genau 10 Jahre später habe ich ihn dann mit Leo in der Festhalle in Frankfurt gesehen. Das war die Geschichte, als am Eingang die Kameras abgegeben werden sollten, was Leo auch tat, was mich kurzzeitig über Scheidung nachdenken ließ, denn natürlich hatten fast alle anderen ihre Kameras mit in den Saal genommen und fotografierten während des Konzerts ungeniert, woraufhin ich nochmal rausgegangen bin und dem Typen, der die abgegebenen Kameras bewacht hat, so lange was vorgeheult habe, bis er mir unsere Kamera wiedergegeben hat, die aber keine sonderlich gute Zoom-Qualität hatte, weshalb dieses hier dann noch das Beste aller meiner Fotos ist:

Das in der Mitte, klein und rosa, das ist Elton. Sieht man doch.

Später am Nachmittag habe ich die Hunde ins Auto gepackt, denn ich musste zur Tierärztin im Nachbarort, um was abzuholen. Als ich ankam, hat es geschüttet wie aus Eimern.

Anschließend sind wir noch ein kleines Stück weitergefahren zum Spazierengehen. Es regnete nicht mehr, und die Sonne kam sogar raus. Aber am Ende unseres Spaziergangs hat es schon wieder geregnet.

Der Wind hatte dort Bäume umgerissen. Es ist erstaunlich, dass so ein großer Baum so verhältnismäßig kurze Wurzeln hat. Kein Wunder, dass er umfällt.

Der Ort nennt sich „Quatre Moulins“, da dort vier alte Mühlen stehen. Hier sind zwei davon zu sehen – ist jetzt nicht sooo eine Attraktion, aber die Gegend ist sehr schön zum Laufen:

Zwei von vier Mühlen

Während wir unterwegs waren, hat Leo weiter das ehemalige Wohnzimmer seiner Mutter ausgeräumt. Wenn alles leer ist, müssen wir die Zimmer renovieren, aber das wird noch ein wenig dauern.

Und das war’s auch schon fast für heute. Nicht sehr spektakulär. Gleich gibt es Gemüsesuppe.

Ach ja, noch was. Ich hatte ja kürzlich Geburtstag. Aber ist es wirklich nötig, dass ich jetzt auf Spiegel online immer diese Werbung angezeigt bekomme:

Was soll das.

Ein neuer Abschnitt

Gerade habe ich Leo vom Flughafen in Bordeaux abgeholt. Er hat seine Mutter nach Deutschland gebracht; sie lebt nun dort in einem Pflegeheim, in der Nähe von Leos Schwester. Schon vor Monaten war klar, dass es hier so nicht weitergehen kann. Sie leidet zunehmend unter Demenz, die sich bei ihr unter anderem in einer Tag-Nacht-Umkehr äußert, das heißt: Sie will tagsüber ständig schlafen, versucht ins Bett zu gehen oder legt sich aufs Sofa; nachts steht sie dann irgendwann auf, manchmal schon um 22 Uhr, mal erst um halb vier morgens, zieht sich mehr oder weniger an und geistert durchs Haus. Wenn wir dann versucht haben, sie dazu zu bewegen, wieder ins Bett zu gehen, klappte das manchmal, manchmal aber auch nicht, und sie reagierte – ich nenne es mal: nicht freundlich. Nach dem Mittagessen, wenn sie von uns aus gerne einen Mittagsschlaf hätte machen können, legte sie sich zwar auch hin, oft aber nur für ein paar Minuten, stand wieder auf und war dann spätestens um 17 Uhr so müde, dass sie unbedingt ins Bett wollte. Und das wiederholte sich, jeden Tag aufs Neue, immer und immer wieder das Gleiche, immer wieder die gleichen Diskussionen bzw. Wortwechsel.

Und diese Sache mit dem ins-Bett-gehen ist nur ein Beispiel, nur eine von vielen täglich wiederkehrenden, zermürbenden Situationen.

Zum Glück hatten wir Unterstützung. Die « infirmières à domicile », also Krankenschwestern, die ins Haus kommen, sind hier in Frankreich zuständig für das, was in Deutschland die ambulanten Pflegedienste leisten. Hier in Cissac gibt es zwei solcher Pflegedienste. Der eine wird betrieben von drei Krankenschwestern, von denen jeden Morgen und jeden Abend eine zu Leos Mutter kam, zur “Grundpflege”. Das war für uns eine große Entlastung. Andererseits bedeutete es aber auch: Warten. Je nach Arbeitsanfall kamen sie mal um halb zehn vormittags, mal erst um viertel nach elf. Und abends mal um viertel nach sieben, mal um halb neun. Das meine ich jetzt nicht als Kritik, denn natürlich ist es in einem solchen Job völlig normal und nachvollziehbar, dass der Arbeitsablauf mit ca. 40 Patienten am Tag nicht zeitlich genau planbar ist und dass immer etwas dazwischen kommen kann und es Verzögerungen gibt. Und wir waren auch heilfroh, dass jeden Tag eine von ihnen kam, egal ob wochentags, sonntags oder zu Weihnachten. Trotzdem bedeutete das für uns: Warten, gezwungenermaßen unten in der Küche zu sein und dort etwas mehr oder weniger Sinnvolles zu tun, mal zwanzig Minuten, mal anderthalb Stunden. Das gleiche dann noch zwei mal wöchentlich um die Mittagszeit, wenn der Physiotherapeut kam. Oder die Friseurin. Oder die Fußpflege. …

Da wir Leos Mutter nicht alleine lassen konnten und daher einer von uns immer zu Hause sein musste, ist es Ewigkeiten her, dass Leo und ich mal gemeinsam etwas unternommen haben. Eine Ausnahme war der Nachmittag der Eröffnung des neuen Hundeclubs. Für den Nachmittag hatten wir eine Frau kontaktiert, deren Job es ist, bei solchen Gelegenheiten einzuspringen. Das Problem war, dass Leos Mutter ja kein Französisch spricht, und daher keine wirkliche Unterhaltung zwischen den beiden möglich war.

Wir könnten sicherlich ein Buch schreiben über all die teils unglaublichen täglichen Ereignisse, Sprüche, Reaktionen, Verhaltensweisen, doch das werden wir wohl nicht tun. Aber einen Titel für das Buch wüsste ich bereits: Ich würde es nennen “Heute heißt er Gustaf”. Denn die Hunde wurden ständig mit unterschiedlichen Namen angespochen, und Gaston hieß einmal Gustaf.

Es wird vermutlich ein “anderes Leben” werden, wenn wir jetzt wieder spontan sein können und nicht mehr starr nach der Uhr leben müssen. Einfach mal ans Meer fahren, weil das Wetter gerade so schön ist, einfach mal nach Bordeaux, weil wir Lust dazu haben, einfach mal ein gemeinsamer Spaziergang oder ganz simpel einfach mal zusammen einkaufen gehen. Mal schauen, wie uns das gelingt, oder ob wir Spontanität erstmal wieder lernen müssen 😊

Dass wir in letzter Zeit nur die täglich wiederkehrende Alltagsroutine hatten und nichts nennenswertes passiert ist, ist auch der Hauptgrund dafür, warum hier so wenig zu lesen war. Denn wer will schon ständig nur Fotos von Hühnern und Hunden sehen. Das wird sich nun hoffentlich auch wieder ändern.

Heute ist übrigens unser Hochzeitstag, vor 20 Jahren haben wir geheiratet. Wir haben bereits ein Glas Champagner getrunken und werden uns gleich das Essen schmecken lassen, das ich (!!) vorbereitet habe und das nun im Ofen brutzelt. Und dann werden wir das Leben genießen.