Tag 32

Wie nicht anders zu erwarten, hat M. le Président am letzten Montag verkündet, dass die Ausgangssperre verlängert wird, am 11. Mai soll sie aufgehoben werden. Vermutlich. Und vermutlich nicht für jeden. Wir werden sehen. Dieses Mal gab es keine Nationalhymne vorher, und die Rede fing auch nicht um 20 Uhr an, sondern ein paar Minuten später, denn 20 Uhr ist der Zeitpunkt zum täglichen kollektiven Applaudieren am geöffneten Fenster, um die Leistungen des Krankenhauspersonals zu würdigen. Ich habe dazu einen Kommentar von jemandem gelesen, der in dem Bereich arbeitet, er sagte so ungefähr „Euer Geklatsche könnt ihr euch sonstwo hinstecken; uns wäre mit angemessener Entlohnung und besseren Arbeitsbedingungen wesentlich mehr gedient“. Wohl wahr. Und manche von denen, die um 20 Uhr applaudieren, sind zu anderen Uhrzeiten nicht so dankbar, sondern bedrohen Menschen, die in Pflegeberufen tätig sind oder klauen ihnen Hilfsmaterialien. Ich dachte erst, dieser Flyer ist ein Fake, aber dem ist nicht so:

Also man soll, wenn man in so einem Beruf arbeitet, das Auto nicht irgendwo in dunklen Ecken abstellen, nichts darin liegen lassen, was auf den Beruf schließen lässt, beim Nachhausekommen darauf achten, ob jemand, der nicht dahin gehört, ums Haus herumlungert, die Gendarmerie anrufen, wenn man von den Nachbarn bedroht wird, niemandem verraten, was man zuhause an medizinischem Material hat, immer gut abschließen etc. Applaus, Applaus.

Etwas Kontrastprogramm: Wir haben „angegrillt“.

Rippscher, ohne Kraut, aber mit Nudelsalat

Im Garten fangen die ersten Rosen an, zu blühen:

Rose

Auch die Fackellilien blühen:

Fackellilien mit Huhn

Ich habe wieder Rizinus ausgesät und freue mich daran, wie schnell die kleinen Pflanzen aus der Erde geploppt kommen und größer werden:

Rizinus

Der Wein in den Weinfeldern um uns herum treibt schon fleißig aus:

Wein

An Tagen wie heute braucht man das, dass köstlicher Kuchenduft durchs Haus zieht, deshalb habe ich einen Klassiker gebacken, den weltbesten Pfirsich-Quark-Kuchen:

Pfirsich-Quark-Kuchen

Fast die ganze Nähwelt ist ja zur Zeit damit beschäftigt, Behelfs-Schutzmasken zu nähen, ich auch. Und ich habe auch aufgeschrieben, wie ich sie mache – es gibt zwar schon jede Menge Anleitungen dafür, aber ich wollte auch mal meinen Senf dazugeben.

Verpasst

Das ist mir ja selten passiert, das ich hier vergessen habe, unseren „Jahrestag“ zu erwähnen. Dann will ich das hiermit mal nachholen: Seit neun Jahren leben wir jetzt schon in Frankreich, genauer gesagt seit neun Jahren und zwei Tagen. Wenn das kein Grund zum Feiern gewesen wäre 😄 Aber wir haben beide nicht daran gedacht.

Auch ein Grund zum Feiern ist, dass das Araucana-Huhn sich vor drei Tagen entschlossen hat, mal wieder ein Ei zu legen. Das hat sie in den zwei Jahren, die sie hier ist, wenn’s hoch kommt vielleicht zehn Mal getan, ansonsten beschränkt sich ihre Tätigkeit darauf, schön auszusehen. Und um das Ganze auf die Spitze zu treiben, hat sie gestern schon wieder eines gelegt. Irgendwas stimmt mit diesem Huhn nicht.

Grünes Ara-Ei

Tag 25 der Ausgangssperre ist heute. Am Montagabend wird sich Herr Präsident dazu äußern, wie es nun weitergeht. Ich gehe davon aus, dass die Ausgangssperre bleiben wird. Außerdem ist eine Verpflichtung zum Tragen von Schutzmasken im Gespäch. Eine merkbare Auswirkung der Ausgangssperre ist die Stille rundherum. Es fahren kaum Autos vorbei, es sind keine Kinder auf der Straße, und es sind keine Flugzeuge am Himmel. Wobei wir die hier ja sowieso kaum hören, nur sehen. Die Einzigen, die Krach machen, sind die Frösche. Vier oder fünf davon haben offensichtlich in unserem Pool eine WG gegründet und machen jeden Abend Froschkonzert. Das ist extrem laut, sowas hatten wir bislang noch nie. Allerdings war es auch noch nie so, dass in dem Pool das Wasser ganz niedrig steht und auch eher braune Brühe ist als Wasser. Ich bin mit dem Käscher reingegangen und habe einige Ladungen Blätter herausbefördert, in der Hoffnung, den einen oder anderen Frosch dabei ebenfalls herauszubefördern, auf dass er sich in den Bach nebenan verzieht. Irgendwann habe ich dann gesehen, dass ein Frosch von sich aus das Weite suchte und die Poolwand hochkletterte. Auf dem gleichen Weg ist er dann wohl auch wieder reingeklettert, denn abends ging das Froschkonzert wieder los. Also werden wir wohl damit leben müssen, bis sie von sich aus aufhören, was nach meiner Recherche im Mai/Juni sein wird. Das ist dann ja auch ein guter Zeitpunkt, den Pool sauber zu machen und wieder in Betrieb zu nehmen.

Versuchte Froschjagd

Hier ist es sehr schön und sehr warm, so dass die Hunde ihre Siesta auf dem Balkon machen. Zumindest so lange, bis jemand es wagt, die Straße entlang zu gehen … So viel zum Thema Stille, aber glücklicherweise geht zur Zeit ja nicht so oft jemand vorbei.

Siesta

Schöne Ostern, allerseits.

WmdedgT – April 2020

Heute ist der fünfte, und am fünften jedes Monats will Frau Brüllen immer wissen, was wir den ganzen Tag so machen. Das war bei uns zwar heute, am 20. Tag der Ausgangssperre in Frankreich, höchst unspektakulär, aber bitte schön:

Morgens um viertel vor acht werden die Hühner rausgelassen. Dann Katzen gefüttert, Hunde gefüttert, Kaffee getrunken, Haare geschnitten:

Wem wohl?

Leo hat gestern Hefeteig angesetzt, der sehr ausgiebig gegangen ist. Da es so viel geworden ist, wird der Teig nicht nur zu Brot, sondern wir müssen heute abend auch Pizza essen. Kann man ja nicht verkommen lassen.

Steh, Töpfchen!

Dann bekommen die Hühner zu Essen. Momentan bekommen sie das in ihrer Voliere und sind dabei eingesperrt, denn es treiben sich am Hühnerstall sehr viele Ratten herum. Wo Hühner sind, sind meistens auch Ratten. Die bekommen nun was anderes zu fressen, was sie hoffentlich ein wenig dezimieren wird.

Hühnerfrühstück, eingesperrt.

Dann geht Leo mit den Hunden eine Runde. Durch die Ausgangssperre sind die Hunderunden zur Zeit nicht so ausgiebig wie sonst; die Auswahl beschränkt sich meistens auf „die Strecke linksrum“ oder „die Strecke rechtsrum“. Leos Strecke war heute allerdings ein wenig anders, da er Briefe einwerfen wollte, was aber nicht geklappt hat, da der Briefkasten bei uns in der Straße zur Zeit so aussieht:

Bis auf weiteres geschlossen.

Ich habe mich auch mal wieder an Hefeteig versucht, nachdem meine letzten nichts geworden sind. Aber dieser Hefezopf, den wir uns mittags haben schmecken lassen, ist super geworden, nach diesem Rezept:

Hefezopf mit Rosinen

Ich hatte vormittags bei einer der mobilen Krankenschwestern, die Leos Mutter täglich versorgt haben, angefragt, ob sie Bedarf haben an genähten Mund-Nasen-Schutzmasken. Haben sie, deshalb habe ich nachmittags angefangen zu nähen:

Schutzmasken

Dann bin ich dran mit dem Hundespaziergang. Natürlich wieder mit ausgefüllter „attestation de déplacement dérogatoire“, von denen sich inzwischen schon einige angesammelt haben, da man sie jedesmal neu ausdrucken muss und nicht mit Bleistift ausfüllen darf. Ab morgen soll es eine Version fürs Smartphone geben, ich bin gespannt.

Attestations de déplacement dérogatoire. Viele davon.

Es ist ja übrigens zum Heulen, dass jetzt, wo wir nicht rumfahren dürfen, der Sprit so billig ist wie seit Ewigkeiten nicht mehr (der Liter Diesel 1,15€) 😥. Aber wir kämen auch nach wie vor nicht weit, denn der Reifen rechts vorne verliert immer noch ständig Luft. Leo hat die Ursache gefunden: es steckt ein Nagel drin. Und einen neuen Reifen können wir momentan vergessen, da alle Werkstätten in der Umgebung geschlossen sind.

Während ich mit den Hunden unterwegs bin, sät Leo Tomaten aus:

Tomaten-Aussaat

Das Gras steht schon überall so hoch, dass die Hunde kaum zu sehen sind, nur die grobe Richtung ist an Ellys Leine erkennbar:

Hohes Gras.

Das war’s auch schon für heute. Leo hat gerade die Hühner wieder eingesperrt und wird gleich die Pizza in den Ofen schieben. Als Ersatz für ein Pizza-Foto ist hier noch eins von unserer Quitte im Abendlicht, sie blüht gerade wunderschön:

Quitte

Tag 14

Ich weiß ja nicht, ob das auf dem Foto zu erkennen ist – also die windzerzauste Taube vermutlich schon, die meine ich auch nicht, sondern das, was da um die Taube herumfliegt, das ist nämlich SCHNEE! Heute morgen hat es geschneit! Richtig ekelig war es, knapp über null Grad, außerdem sehr windig. Der Schnee wurde dann nachmittags zu kaltem Regen. Nicht schön.

Die Ausgangssperre hier ist verlängert worden, das war ja abzusehen. Die Einschränkungen gelten jetzt zunächst bis zum 15. April.

Nur ein paar Kilometer von uns entfernt gibt es einen Spargelanbau-Betrieb (habe ich glaube ich schonmal erwähnt). Heute abend haben wir den ersten Spargel dieses Jahres genossen:

Tag 10

Wir haben hier schönsten Frühling mit blauem Himmel und Sonnenschein, die Vögel zwitschern und die Kröten quaken – aber trotzdem ist es still, stiller als sonst, als “vorher”. Es sind merklich weniger Autos unterwegs und es laufen kaum Leute auf der Straße herum. Seit dem 16.03. sind Schulen, Vorschulen und Universitäten geschlossen. An dem Tag haben wir noch Kinder draußen gehört, die “vacances, vacances” gekreischt haben, “Ferien, Ferien”, aber inzwischen kreischt keiner mehr. Tag 10 der Ausgangssperre.

Es sind auch alle Geschäfte geschlossen, in denen nichts Lebensnotwendiges verkauft wird, das heißt: Supermärkte sind weiterhin geöffnet, sowie Apotheken, Banken und Tabac-Läden.

Seit dem 23.03. sind die Ausgangsbedingungen verschärft worden, man darf das Haus jetzt nur einmal täglich für maximal eine Stunde verlassen und sich nicht weiter als einen Kilometer von zuhause entfernen. Seitdem gibt es auch einen neuen “Passierschein”, auf dem nun unter anderem die Uhrzeit angegeben werden muss, zu der man das Haus verlassen hat. Wer keinen Schein dabei hat, zahlt 135 €, und wenn man zum zweiten Mal innerhalb von zwei Wochen erwischt wird, kostet es 1.500 €. Gestern ist ein Polizist an den Folgen seiner Erkrankung mit dem Coronavirus gestorben, woraufhin heute von der Polizei gedroht wurde, dass die Kontrollen nicht weiter durchgeführt werden, wenn den Polizisten nicht genügend Schutzmasken zur Verfügung gestellt werden.

Die Situation zur Zeit ist irgendwie so irreal. Nie im Leben hätte ich mir vorstellen können, das Haus nicht ohne triftigen Grund verlassen zu dürfen. Ständig gibt es Neuigkeiten über einen weiteren Anstieg der Anzahl der Betroffenen, über weitere Tote, und Berichte über Krankenhäuser, die an die Grenzen ihrer Kapazitäten kommen. Ziemlich besorgniserregend, um nicht zu sagen beängstigend.

Testweise habe ich eine Mundschutzmaske genäht (bzw. zwei). So einfache Stoffmasken sind ja kein wirklicher Schutz, aber ich weiß nun, wie es geht, und kann welche herstellen. Also, wenn jemand Bedarf hat …

Die Facebook-Gruppe der Einwohner von Cissac, in der sonst viel Blödsinn zu lesen ist, dient momentan auch als Informationsmedium, dort ist zu erfahren, ob Bäcker, Supermarkt oder Post noch geöffnet sind und zu welchen Zeiten, denn alle haben die Öffnungszeiten sehr eingeschränkt. Außerdem kann man in der Gruppe zur Zeit täglich Live-Konzerten eines Country-Duos aus Cissac beiwohnen. Wir kannten die vorher gar nicht, haben nur manchmal einen Autoanhänger mit der Aufschrift “Leslie Ryan” in einem Vorgarten im Ort gesehen und uns gefragt, wer oder was ist Leslie Ryan? Nun wissen wir es. Die Konzerte finden in Leslies Wohnzimmer statt, und es ist immer witzig, wenn mitten in einem Lied die Tür aufgeht und Leslies kleiner Sohn reinkommt und irgendwas will.

Allerdings gibt es auch Schwachköpfe in dieser Gruppe, die offensichtlich nicht kapiert haben, dass es nicht verboten ist, kurz allein (oder mit jemand aus dem gleichen Haushalt) spazieren zu gehen. Eine Frau hat aus ihrem Garten heraus zwei Spaziergänger gefilmt und beschimpft, sie sollten zuhause bleiben, und dieses Video dann öffentlich gemacht.

Noch ein paar unsortierte Meldungen:

Damit es keine Lieferengpässe gibt, wird seit dem 18.03. in Apotheken nur noch eine Schachtel Paracetamol pro Patient ausgegeben.

Der Sender Canal+, ein Bezahlsender, sendet während der Zeit der Ausgangssperre sein Programm unverschlüsselt. Das las ich und dachte, wie schön, da können wir ab und zu mal nette Filme sehen. Wir nahmen das zum Anlass, endlich mal zu erforschen, warum das französische TV bei uns seit kurzem nicht mehr funktioniert. Die Lösung war simpel, es war einfach der Scart-Stecker aus der Empfangsbox gerutscht. Allerdings funktionierte es auch mit eingestecktem Stecker nicht, der Sender blieb verschlüsselt. Auch dafür habe ich dann eine Lösung gefunden: das unverschlüsselte Angebot gilt nur für Leute, die über eine Internetbox Fernsehen schauen, und nicht wie wir über Antenne. Dann eben nicht.

Der Sender M6 sendet seit dem 23.03. jeden Nachmittag Weihnachtsfilme. Also sowas wie Sissi. Na, ich weiß ja nicht … Ich las dazu den treffenden Kommentar “Die wollen, dass wir uns alle umbringen !”

Die Anzahl von Hunden und Katzen, die abgegeben oder ausgesetzt werden, ist hier in der letzten Zeit enorm angestiegen, da manche Leute sich nicht von ihrem irrigen Glauben abbringen lassen, dass Haustiere das Coronavirus übertragen.

Unsere Tierärztin ist für Notfälle weiterhin da. Allerdings soll man die Praxis nicht betreten; die Tiere werden aus dem Auto abgeholt und anschließend wieder nach draußen gebracht.

Die Post wird jetzt nur noch mittwochs, donnerstags und freitags ausgeliefert.

Da wir in den letzten Tagen gar nicht einkaufen waren, hat Leo Baguettes gebacken. Sie sind ganz hervorragend geworden und schmecken auch nach zwei Tagen noch gut:

In den Blumenbeeten neben dem Weg zum Garten blüht es sehr schön. Ich habe nicht bewusst irgendwas dorthin gepflanzt, die Blumen müssen wohl aus der Samenmischung sein, die ich im letzten Jahr da verteilt habe:

Hier mal aus der Nähe. Ich vermute, es sind Verbenen – oder weiß es jemand besser? :

Auf unserer momentanen Standard-Spazierrunde kommen wir an einer Pferdeweide vorbei. Das Pferd, das da wohnt, hatte im Winter einen Mantel an, und seit ein paar Tagen nicht mehr. Das Fell sieht jetzt witzig aus, als ob ein Mantel draufgemalt wäre:

Im Garten sind die ersten Feigen zu sehen:

Bleibt gesund, liebe Leserinnen und Leser!